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Lesedauer: 13 min 12.05.2023

Eine Reise Richtung Aufbruch.

Ein inhaltlicher Impuls zur V. KU Strassenschau

Mit Dingen zu brechen, bedeutet Altes hinter sich zu lassen und Neues zu erlernen. Zu neuen Zielen aufzubrechen, bedeutet neue Wege zu erkunden und sich neue Methoden beizubringen, diese Wege zu gehen. Brechen wir also auf in ein neues Zeitalter des Unternehmertums, benötigen wir auch neue persönliche, kreative und unternehmerische Werkzeuge. Dafür, so glauben wir, lohnt sich der Blick nach rechts und links, das Umschauen nach dem Neuen und Alten, nach dem Andersartigen. Es lohnt sich der unternehmerische Blick in die Kunst, in die Forschung, in die Natur. Und so begeben wir uns mit Kreativem Unternehmertum einmal im Jahr auf eine Reise – eine Art Studienfahrt könnte man fast sagen. Diese Studienfahrt schenkt uns den Besuch neuer Orte, die durch ihre Geschichte und ihren Aufbruch inspirieren. Sie schenkt uns Begegnungen mit Menschen, die in jeglicher Form gestalten: ob mit einem Bleistift oder Spaten in der Hand, forschend auf der Suche nach Neuem oder sich unternehmerisch entfaltend. Sie schenkt uns verbindende Momente, mit unseren Begleiter:innen und uns selbst. Und sie schenkt uns vor allem eins - Impulse und mögliche Handlungsoptionen für gesellschaftsgestaltendes Unternehmertum. Ein (unzureichender) Exkurs in die Lernerlebnisse der V. KU Strassenschau.

Unsere Reise durch die Republik bringt uns an verschiedene Stationen des Landes, des Lernens und des eigenen Ichs. Und behandeln diese Stationen zwar unterschiedliche Themen, Schwerpunkte, Fragestellungen, so stellen wir im Nachhinein doch fest, dass sie von einer Gemeinsamkeit geprägt sind. Diese Gemeinsamkeit zeichnet mal deutlich, mal nur ganz blass das Ziel unseres Aufbruchs auf eine kleine Landkarte. Die Route zu diesem Ziel mag für manche unbefriedigend sein – so liegt es in einem noch recht unbeschriebenen Bereich der Landkarte, es liegt im ZWISCHEN.

Unsere Lektionen bewegen sich zwischen abstrakt und konkret, zwischen künstlerisch, philosophisch, wissenschaftlich und unternehmerisch. So lernen wir zum Beispiel, dass Organisationen Immunsysteme haben – die machen sie zwar stärker, aber Transformation auch schwieriger, weil Organisationen oft dazu neigen wieder in alte Formen zu verfallen. Wir lernen, dass die Narrative der Zukunft beinhalten müssen, dass wir koevolutionär zusammenarbeiten, um Selbstwirksamkeit zu erspüren – allein geht es wohl einfach wirklich nicht mehr. Wir lernen auch, dass neue Wege in Richtung Zukunft einzuschlagen nicht bedeutet, immer zwischen rechts oder links zu entscheiden. Sondern vielmehr, den Weg im Dazwischen zu suchen, die Graubereiche zu erkunden – ein manchmal deutlich schwierigeres Unterfangen. Wir lernen, dass Mehr Weniger ist. Dass das aber nicht Verzicht bedeuten muss. Denn wir lernen, dass WENIGER auch MEHR Genuss bedeuten kann, MEHR Leben, MEHR Bewusstsein. Und wir lernen, dass wir immer weiter lernen – müssen, dürfen, können.

Leben bedeutet lernen. So abgedroschen dieser Spruch auch scheinen mag, so dienlich ist er doch. Meint er vielleicht nicht das klassische, oft fragmentierte Bild, das wir im Kopf haben – angestrengt mit rauchendem Kopf vor dem Geometrie-Schulbuch zu sitzen und zu versuchen einen alten Griechen und seine Rechnungen zu verstehen. Er meint auch nicht zwingend das das ambitionierte Erlernen von neuen Sprachen oder das ständige Erkunden neuer Handwerke – er bedeutet in allen voran eine Lebenseinstellung.

Denn mit dem Lernen kommt eine gewisse Demut, eine Art Öffnung. Und diese Öffnung findet sich wohl in allen jenen Themen wieder, die uns auf dieser Reise begegnen. Es geht um das WIR, um das ZWISCHEN, um das VERBINDENDE zwischen den Extremen. Fragen wir uns, wohin die Reise geht, zu der wir Aufbrechen wollen, befindet es sich wohl irgendwo in diesem Bereich. Eine Voreinstellung im Navigationssystem zu diesem Ort gibt es wohl jedoch leider nicht – denn um zu ihm zu finden, müssen wir uns auf neue Methoden und Perspektiven einlassen.

Das lernen wir unter anderem in München. „Die Zukunft liegt im Zwischen?“ fragen wir uns dort. Im ZWISCHENmenschlichen, ZWISCHENräumlichen, ZWISCHENzeitlichen können wir nicht klar zwischen schwarz und weiß unterscheiden. Mit der notwendigen Gelassenheit und Neugierde sollten wir uns immer wieder aufs Neue einlassen – auf die Menschen, die uns begegnen, die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert werden. Klingt kompliziert – ist es auch. Zumindest, wenn wir diesem Sich-Einlassen so begegnen, wie wir es bisher getan haben: mit dem Kopf. Also müssen wir einen Ort finden, an dem wir auch unsere anderen Kompetenzen einbringen können. Über diesen Treffpunkt erfahren wir mehr an einem Ort, der weniger städtisches Getöse bietet und dafür mehr physische und gedankliche Orte der Begegnung.

Im Westerwald fragen wir nämlich zum Beispiel: Wo wird aus mehreren ICHs ein WIR? Zum einen dort, wo sich mehrere ICHs einem Vorhaben widmen. Und zum anderen vielleicht auch dort, wo sich mehrere ICHs in einem finden dürfen: das denkende ICH, das fühlende, das soziale und das sich selbst empfindende? So zeigt uns ein Gang durch eine Skulpturenlandschaft, dass das Wort „UNS“ in Kunst steckt – und wie der Treffpunkt „Kunst“ dazu dienen kann von den ICHs zu dem WIR zu gelangen. Die Wurzeln von Kreativem Unternehmertum stecken darin, Inspiration aus den Künsten für Unternehmertum zu finden. Die gewohnte Position zu verlassen, um sich zu diesem „Meeting Point“ zu begeben. Nicht nur mit dem Anderen und den Anderen, sondern vor allem auch mit dem anderen Selbst – mit dem Fühlenden, dem Lernenden, dem Wissenden, dem Offenen.

Und auch in Hamburg lernen wir mehr vom „WIR“ und von seiner Wirkungskraft. Vor allem durch Unternehmer:innen, die dieses Wir schon in vielfältigster Weise durchdekliniert haben. Wir sehen, dass diejenigen Projekte, die ganzheitlich Potentiale ihrer Mitwirkenden einbeziehen, die in verschiedene Bereiche der Gesellschaft wirken, kaum noch aufzuhalten sind. Menschen werden in ihren Potentialen erkannt und erleben Resonanz – Wir bedeutet hier nicht nur das Miteinander, sondern auch das Wahrnehmen ganzheitlicher Fähigkeiten des Menschen.

Resonanz, so stellen wir immer wieder fest, die schlägt fast alles. Haben wir einen echten Bezug zu jemandem oder etwas, gibt uns das ein Hochgefühl. Diese Resonanz ist jedoch leider nicht immer so leicht zu finden. Denn leben wir in einer Gesellschaft, in der meistens immer alles da ist, fällt es uns doch immer schwerer Resonanz zu diesem großen Überfluss aufzubauen. In Berlin erleben wir, dass es die Beziehung ist, die wir zu den Dingen aufbauen und vielleicht nicht immer das Ding an sich. Das macht Mut: Denn wir wissen, dass nicht für immer alles im Überfluss vorhanden sein kann und anstatt das mit Angst vor Verzicht zu verbinden, können wir uns vielleicht darauf freuen, WENIGER haben zu wollen, das uns wieder MEHR bedeutet.

Es sind immer wieder die VERBINDUNGEN: Zwischen Mensch und Objekt und zwischen Mensch und Mensch, - zwischen gestern und morgen. In Frankfurt besuchen wir eine ehemalige NSDAP-Zentrale, die zu einem Künstlerort geworden ist. Einen Ort für diese beiden Nutzungsweisen zu verwenden scheint fast unmöglich. Doch wenn wir Dinge verbinden wollen, müssen wir an das Bestehende anknüpfen. Manchmal müssen diese Beziehungen so auch zwischen dem Ungleichen bestehen. So blicken wir in Zürich auf das Umfeld, das uns umgibt. Welche Menschen brauchen wir um uns herum, um gestalterisch wirken zu können? Wir finden heraus - wir brauchen diese Unterschiedlichkeiten, verschiedene Stärken, Energien um uns herum. Andere Generationen, Standpunkte. Auch hier findet sich der Faden wieder, der sich durch Lernerlebnisse zieht: Die Art unserer Reise ist gleichzeitig ihr Ziel. Der Ort ist einer im Gemeinschaftlichen, im Zusammenspiel aus unterschiedlichen Standpunkten und Wesenshaftigkeiten, aus dem Ganzen des Menschen - im Dazwischen.

Und es stimmt, das lernen wir in München, auch die Zukunft selbst ist das Zwischen: ein Ort der Möglichkeiten. Sie ist ein zeitlicher Moment, dessen Tatsächlichkeit noch ungewiss ist. Scheint morgen die Sonne oder wird es regnen? Wortwörtlich oder metaphorisch gesehen, beides ist möglich, beides ungewiss. Die Zukunft ist im Zwischen und gleichzeitig ist das Zwischen die Zukunft. Die Zukunft ist das WIR, das weniger WAS und mehr WIE, das Erkunden von Treffpunkten von Fühlen, Denken und Handeln, das Bewandern von feinen Graten. Der Aufbruch in eine neue Zukunft ist leider keine Reise mit festgelegtem Ziel, kein Feldzug zum Kreuz auf der Karte. Es ist eher ein Erkunden. Eine Umorientierung nach dem inneren Kompass.

Und was heißt das nun für Unternehmertum? Wie gestaltet man dieses Unternehmertum im ZWISCHEN? Indem man Unternehmer:innen ermutigt, den Schritt zu wagen, Menschlichkeit in das Unternehmertum zu bringen – für ein Unternehmertum zwischen MENSCH, MARKT und GESELLSCHAFT. Indem wir uns trauen, die Dinge aus mehreren Perspektiven zu betrachten und nicht mehr nur aus der einen. Unternehmertum besitzt das Potential, unsere gesellschaftliche Zukunft zu einem maßgeblichen Grad mitzugestalten. Das ist Chance und Verantwortung – sich dieser zu stellen, bedeutet sich zu fragen, wie wir in Zukunft wirtschaften wollen. Was wir tun können, für unsere Mitmenschen, unsere Umwelt, unsere Gemeinschaft, für uns selbst.
Für Unternehmertum bedeutet das in unseren Worten vor allem eins: Resonanzbeziehungen aufzubauen.

Und so schließt diese Wortmeldung mit den Worten des Impulsgebenden Curd Michael Hockel, der mit seinem Text zwischen Lyrik und psychologisch-wissenschaftlichem Impuls zu den vier Stichworten „Zukunft, Zwischen, Differenz, Resonanz“ eine dieser Kernlektionen der V. KU Strassenschau zusammenfasste.

„Was andere meinen
So kann uns nichts
Einen
Um sie zu verstehen
Um mit zu gehen
In einem gemeinsam
Entfalteten Gutsein
Brauchen wir
Einen Gutschein:
Die Resonanz.“

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Vivian Dünwald
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Vivian Dünwald

KU Kommunikation & Magazin

Getrieben von einer tiefen Neugierde, Beziehungen und Zusammen­hänge zu erkunden studiert Vivian an der Zeppelin Universität Soziologie, Politik und Wirtschaft. Als Nordlicht am Bodensee zieht sie besonders viel Kraft aus Begegnungen mit Menschen und Natur in diesem besonderen Umfeld. Ein verstärktes inhalt­liches Anliegen ist für sie die Beschäftigung mit gesellschafts­politischen Fragen sowie Chancen­gleichheit jeglicher Form. Der Diskurs und die Auseinander­setzung, die Reibung und der Austausch stellen für sie den Weg dar, um gemein­schaftlich Gesell­schaft zu gestalten.

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