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Lesedauer: 7 min 07.11.2022

Mit dem Handabdruck zur Klimarettung

Von positiven Narrativen und einer unternehmerischen Haltung für eine nachhaltigere Zukunft.

Gabriel Baunach ist Gründer der Klima-Aufklärungsplattform climaware, Klima-Podcaster und Speaker. Beim VII. KU Kongress 2022 gab er einen Impuls zu seinem Modell des Klima-Handabdrucks. Das Ziel: ein alternatives Konzept zum persönlichen CO2-Fußabdruck, das wirkungsvoller und motivierender ist. Damit erschafft er nicht nur ein neues Narrativ im Umgang mit der Klimakrise, sondern setzt auch ein Beispiel unternehmerischer Gesellschaftgestaltung. Ein Einblick in neue Perspektiven.

Für Gabriel beginnt das Problem bei der Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln: Während ein Großteil der Menschen mittlerweile begriffen hat, welche verheerenden Auswirkungen die Klimakrise auf den Planeten und den Menschen haben wird, ändert sich trotzdem verhältnismäßig wenig. Das, was getan wird – der Versuch durch Einsparung beim Heizen, Einkaufen, im Alltag – bringt uns nicht voran, zumindest nicht genug. Politik und internationale Organisationen bewegen sich, aber schleppend. „Dem Ausmaß der Klimakrise wird es nicht mehr gerecht, lediglich auf Plastiktüten zu verzichten, sonntags mit dem Fahrrad zur Bäckerei zu fahren oder sparsame LED-Leuchten zu kaufen. Wir werden die überlebenswichtigen Klimaziele verfehlen, wenn der Großteil der Menschen weiterhin so vor sich hinkleckert, statt größere Stellschrauben und Hebel in Bewegung zu setzen.“ schreibt Gabriel in einem Artikel, den er 2022 für das Berliner Anwaltsblatt schrieb.

Viele scheinen etwas ändern zu wollen, aber einfach nicht zu wissen, wie. Das herrschende Narrativ, die Reduktion des CO2-Fußabdruckes wäre der richtige Weg für Bürger und Bürgerinnen das Klima zu retten, scheint wenig in Bewegung setzen zu können. Gabriel suchte nach einer Methodik, die den Menschen ein positives Narrativ an die Hand gibt, welches wirksamer und anfassbarer Emissionen reduzieren kann. Schließlich stieß er auf das Konzept des ökologischen Handabdrucks von Germanwatch und entwickelte es weiter zum „Klima-Handabdruck":

„Der Klima-Handabdruck beschreibt die Menge an Treibhausgasen, die gesamtgesellschaftlich reduziert werden, wenn man sich aktiv für Veränderungen einsetzt. Statt negativ zu fragen, wie wir im Alltag unseren persönlichen Klimaschaden verkleinern können, fragt der Handabdruck dagegen positiv, wie wir unseren Lösungsbeitrag vergrößern können. Denn je größer unser Klima-Handabdruck ist, desto mehr Treibhausgase werden ganzheitlich betrachtet eingespart.“

Der Klima-Handabdruck schafft eine Möglichkeit, den Menschen ihre eigene Gestaltungskraft bewusst zu machen und sie effektiv und gezielt für das Wohl der Gesellschaft einzusetzen. Er überführt die unternehmerische Haltung in ein anfassbares Modell und übersetzt ein bisher negatives Narrativ in einen aktivierenden Handlungsimpuls - eine Anregung zum persönlichen Gesellschaftgestaltertum.

„Die Fragen, die wir uns aus der Handabdruck-Perspektive stellen sollten, lauten: Wie kann ich dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen klimafreundlicher leben? Wie kann ich zum Multiplikator für klimafreundliches Verhalten werden? Wie kann ich die Strukturen um mich herum so verändern, dass der Fußabdruck möglichst vieler Menschen sinkt – bestenfalls ohne Verzicht und schlechtes Gewissen? Nur diese Fragen führen uns zu den großen Hebeln für die Klimaneutralität, mit denen jede und jeder von uns 10, 100 oder sogar 1.000 Tonnen Treibhausgase gesamtgesellschaftlich reduzieren kann.“

Der Klima-Handabdruck zeigt: Jeder hat ein persönliches Feld an Möglichkeiten. Schauen wir darauf, was direkt vor uns liegt, fällt der erste Schritt leichter. Besonders in lähmenden Krisensituationen überkommt man so leichter die Grenze zwischen Wunschvorstellung und Handlungsimpuls. Es ist alles da, was wir brauchen, um Veränderung zu schaffen. Wir müssen nur ins Tun kommen – gemeinschaftlich, motivierend und bestärkend, kreativ und gestaltend.

Den ganzen Artikel, den Gabriel für das Berliner Anwaltsblatt am 17. September 2022 veröffentlichte, gibt es hier – dort wird auch detailliert ausgeführt, was der Handabdruck bedeutet und wie er umgesetzt werden kann. Weitere Informationen zu climaware, Gabriel Baunach und seinem Podcast gibt es hier.

Gabriel Baunach
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Gabriel Baunach

Gründer, Climaware

Alles begann mit der Klima-Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“ von Al Gore während der Schulzeit im Jahr 2007. Seitdem beschäftigt und begleitet Gabriel das globale Problem des Klimawandels – in Praktika, Sommerkursen, ehrenamtlichem Engagement und schließlich dem Maschinenbau- und Energietechnik-Studium. Nach dem Abschluss des Studiums an der RWTH Aachen (mit Auslandsaufenthalten in Boston, Stanford und London) absolvierte er 2019 ein Praktikum im UN-Klimasekretariat und begleitete sein Team zur 25. UN-Klimakonferenz nach Madrid (COP25), wo er u.a. sein Kindheitsidol Al Gore treffen konnte.

Anfang 2020 entschloss Gabriel sich dann, die multimediale Klima-Aufklärungsplattform „Climaware“ zu gründen. Seither zählt der Climaware Podcast zu den bekanntesten deutschen Klima-Podcasts und wurde 2020 und 2021 regelmäßig in den deutschen Bildungscharts gelistet. Gabriel’s Gäste im Podcast waren u.a. bereits Ursula v. d. Leyen, Harald Lesch, Luisa Neubauer, Eckart v. Hirschhausen, Prof. Dr. Dr. Schellnhuber, Prof. Dr. Rahmstorf, Prof. Dr. Quaschning, Frank Schätzing uvm.

Gabriel’s These ist: Wir verharren kollektiv in einer zu individualistischen Perspektive auf das Klimaproblem. Wir zeigen mit dem Finger auf Fleischliebhaber, SUV-Fahrerinnen und Mallorca-Urlauber, statt unsere Gestaltungsmacht als Bürgerin oder Bürger in Politik, als Mitarbeitende oder Führungskraft in Unternehmen oder als Vorbild im Sportverein in den Blick zu nehmen. Kurz: Wir belasten uns gegenseitig individuell mit Debatten über unseren "CO2-Fußabdruck", statt die wirklich effektiven Hebel zum Wandel anzupacken. Wenn wir diese Hebel bewegen, und damit die Gesellschaft klimafreundlich verändern, vergrößern wir unseren „Handabdruck“ – so lautet das neue, gestalterische Konzept, welches uns als Einzelperson empowert, motiviert und entlastet. Seit 2021 hält Gabriel regelmäßig Klima-Vorträge und leitet Handabdruck-Workshops in Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen.

Jeden Monat stellt Kreatives Unternehmertum dem Ökosystem eine gesellschaftsgestalterische Frage und kuratiert dazu passende Einblicke in die Wirksamkeit des Gesellschaftsgestaltertums. Noch weitere Antworten auf unsere Frage des Monats im November 2022?

Dann geht es hier zu einer Forschungspublikation von KU-Kopf Leon Hetzer zum Thema Zukunftsperspektive Verantwortungseigentum, einem Einblick in das Modell der Denken-Handelns-Brücke von Ewa Scherwinsky und Barbara Blenski und dem KU Forschungseinblick.